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Oberverwaltungsgericht entschied: Mare Liberum kann Arbeit fortsetzen

Am 5. September entschied das Oberverwaltungsgericht Hamburg für den Verein Mare Liberum. Das Schiff des gemeinnützigen Vereins ist korrekt registriert und kann weiterhin für die Menschenrechtsbeobachtung in der Ägäis eingesetzt werden.

Die Regierung der Bundesrepublik versucht uns an dieser wichtigen Aufgabe zu hindern, doch zwei Gerichte in Folge haben in unserem Sinne entschieden und die Registrierung des Schiffes für unsere ehrenamtliche Menschenrechtsarbeit für rechtmäßig befunden. Die Mare Liberum ist ein ehemaliger Fischkutter, der schon vor Jahrzehnten zur Motoryacht umgebaut wurde. Seitdem ist die MARE LIBERUM durchgehend als nicht-kommerzielles Schiff registriert. Auf Wunsch des Bundesverkehrsministeriums hat die Berufsgenossenschaft Verkehr in ihrer Rolle als Schiffssicherheitsbehörde eine Festhalteverfügung erlassen, um uns daran zu hindern, Menschen zu helfen und Leben zu retten. Zynischerweise führen die Behörden dabei Sicherheitsbedenken an und verlangen unberechtigterweise von einer ehrenamtlich betriebenen Motoryacht die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften für große Berufsschiffe, die nicht einmal von Rettungskreuzern in Deutschland eingehalten werden müssen.

Nachdem das Verwaltungsgericht Hamburg bereits am 13. Mai die Festhalteverfügung gegen die Mare Liberum außer Kraft gesetzt hatte, hat die Berufsgenossenschaft Verkehr dagegen Beschwerde eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg hat den Beschluss des Verwaltungsgerichts nun in der zweiten Instanz am 5. September 2019 bestätigt. Beide Gerichte sind übereinstimmend zu der Auffassung gekommen, dass die Mare Liberum als Schiff eines gemeinnützigen Vereins korrekt registriert ist und die international gemischte Besatzung aus Ehrenamtlichen weiterhin auslaufen kann. Wir können also unsere Mission für die Einhaltung der Menschenrechte weiterführen und sicherstellen, dass sowohl internationales Recht als auch die Menschenwürde an diesem Teil der EU-Außengrenze gewahrt werden.

In den letzten Wochen beobachtete die Crew der Mare Liberum verschiedene Anlandungen von Booten mit Geflüchteten und wir untersuchen einen vermutlich illegalen Pull-back. Allein im letzten Monat sind etwa 8.000 Menschen über die Ägäis von der türkischen Küste auf die griechischen Inseln übergesetzt, ein Anstieg von 55.3% im Vergleich zum Juli. Das ist gleichzeitig die höchste Zahl an Überquerungen seit 2016. Die Mehrheit der Geflüchteten stammt aus den beiden Bürgerkriegsländern Syrien und Afghanistan. Der Anteil an Kindern ist erschreckend hoch.

In Anbetracht der kürzlichen Aussagen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist zu vermuten, dass er Druck ausüben und seine Macht jenseits der türkischen Grenzen erweitern will. Mehrere Quellen in der Türkei bestätigen die Vermutung, dass er absichtlich mehr Boote bis in griechischen Gewässer fahren lässt, um die EU zu zwingen, ihm die Kontrolle für kurdisch kontrollierte Gebiet im Norden Syriens zu zuzugestehen. Präsident Erdoğan sagte: „Wie soll die Türkei die Last von vier Millionen Flüchtlingen schultern? Es wird keine andere Lösung geben, als die Tore zu öffnen. Soll die Verpflichtung ganz bei uns allein bleiben, diese Frage zu lösen?“ Wenn die Vermutungen stimmen, wird unser Beobachtungsschiff noch dringender gebraucht, um sicherzustellen, dass die ankommenden Menschen rechtmäßig behandelt werden und die Küstenwache angemessen auf die wachsende Zahl von Seenotfällen reagiert.

Die griechische Regierung hat auf die steigenden Ankunftszahlen mit einem besorgniserregenden 7-Punkte-Plan reagiert, der die Grenzüberwachung in Zusammenarbeit mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex und der NATO erhöht, weiterhin die Polizeikontrollen in ganz Griechenland auf der Suche nach abgelehnten Asylbewerberinnen und -bewerbern verschärft und darüber hinaus die zweite Beschwerdeinstanz im Asylverfahren abschaffen soll. Die Ausgaben für weitere Militarisierung und Abschiebungen steigen, während die humanitäre Arbeit Mittel einbüßt. Mare Liberum fordert die griechische Regierung auf, sicherzustellen, dass Suche und Rettung auf See effizient, gesetzmäßig und unter besonderer Beachtung der Menschenrechte umgesetzt wird.

Deutschland ist dafür verantwortlich, seine Ressourcen und seinen politischen Einfluss für die Verbesserung der Lage der Geflüchteten einzusetzen. Die Bundesregierung muss Geflüchteten erlauben, ihre Reise auch nach Deutschland fortzusetzen.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts sollte die deutsche Regierung außerdem davon überzeugen, die offensichtlich erfolglosen rechtlichen Schritte gegen Mare Liberum und andere Menschenrechtsorganisationen einzustellen. Anstatt solidarischen Aktivismus zu sabotieren, sollten das Verkehrsministerium und alle untergeordneten Behörden den Kampf für Menschenrechte unterstützen. Das Schiff Eleonore der Dresdner Organisation Mission Lifeline ist ebenfalls ein Schiff unter deutscher Flagge, das zur Zeit von den italienischen Behörden festgehalten wird. Hoffentlich setzen die Gerichtsurteile im Fall Mare Liberum einen Präzedenzfall und ersparen dem Verein einen vergleichbaren Streit mit deutschen Behörden.

Nachdem wir nun unsere Arbeit fortsetzen dürfen, brauchen wir dringend regelmäßige finanzielle Unterstützung.

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